Irre FahrtMeine 19 Stunden ab Le MansDas Langzeitrennen an der Sarthe ist ein Klassiker. Für 24 Stunden machen die Piloten ihre Runden. "Reisen Exclusiv"-Bleifuß Stefan Weißenborn durfte sich das Spektakel ansehen – und danach mit einer Corvette nach Hause düsen. Dabei war er länger am Stück hinterm Steuer, als das die echten Rennpiloten laut Reglement je dürften.
In der GTR-Pro-Klasse rollte die pinke Porsche-"Rennsau" als erste über die Ziellinie. Den Gesamtsieg sicherte sich Toyota mit dem ehemaligen Formel-1-Pilot Fernando Alsono. Exot im Feld war die...
Vom legendären Chevrolet-Sportwagen waren zwei im Rennen. Eine Corvette flog vorzeitig raus, die zweite lässt auf der Zielgeraden gerade unter Applaus noch einmal ihren Achtzylinder aufbrüllen.
Als wir an einer Raststätte halt machen, um ein Crash-Frühstück einzunehmen - ein dennoch Zeit fressender Fauxpas, der einem echten Piloten niemals unterlaufen würde – erfahre ich von Patrick und staune nicht schlecht: "Deine Corvette hat mehr Leistung als die Rennversion." Brachiale 659 PS! Während die C7.R es auf nur 491 PS bringt.
Außerdem sind wir ans Tempolimit gebunden, das die 60 erlaubten Stundenkilometer in der Boxengasse von Le Mans kaum übertrifft. So fühlen sich die 130 km/h auf der französischen Autobahn zumindest an.
Als er bezahlt hat, reißt Patrick hektisch meine Beifahrertür auf, reicht Kaffee rein und schmeißt ein Twix auf den Beifahrersitz. Boxenstopp beendet. Hätte er nicht an die Kasse gemusst – wir wären fast so schnell wie die Jungs in der Pitlane gewesen.
Weil sich unsere Wege trennen, halten Patrick und ich an, wir verabschieden uns. Irgendwie erschallt erst jetzt der imaginäre Startschuss. Endlich darf das Pedal legal bis zum Anschlag gesenkt werden.
Ich spüre, was es heißt, eine eingebaute Vorfahrt zu haben. Die, die man in den Achtzigern vor allem Karossen von Mercedes andichtete.
Jetzt sehe ich einem Zuhälter nur entfernt ähnlich, doch mein Auto provoziert. Das merke ich, als ich mir nichts, dir nichts an einem mattschwarzen Ford Sierra vorbeiziehe. Genau in dem Moment nämlich schießen rechts und links krakenartig mehrere Arme aus dessen Fenstern. Werde ich tatsächlich bejubelt?
Wieder entlässt die Corvette ein Donnerwetter, und gewinnt. Die Performanceversion gehört zu den schnellsten Sportwagen überhaupt.
Auf den Gegenspuren rasen die Autos vorbei, nur viel, viel leiser als in Le Mans am Vortag. Zwischendurch höre ich die Grillen im Mittelstreifen – aber erst, als ich auch die Musik ausmache.
Irgendwann, ich weiß nicht mehr wann, löst sich der Schlamassel auf - beziehungsweise ist es dann doch 300 Meter weit voran gegangen, und ich kann von der A 7 auf die A 38 abbiegen, die vor Leere gähnt.
Doch wo ist die Crew? Auch Patrick fehlt, also muss ich ganz motorunsportlich aussteigen und selbst Hand anlegen.
"Quatsch, die ist doch supergeil", zerstreut ein Kumpel meine Befindlichkeiten. Und ja, irgendwie ist die Vette schon geil - zumindest, wenn man es unbedingt einmal eilig haben will.
Datenblatt Corvette Z06
Leistung: 485 kW (659 PS)
Länge/Breite/Höhe/Radstand: 4492 mm/ 1872 mm/ 1239 mm/ 2710 mm
Höchstgeschwindigkeit je nach Version: 300 bis 315 km/h
Beschleunigung von 0-100: 3,8 bis 3,4 Sekunden
Drehmoment: 881 Nm bei 3600 U/min
Verbrauch: 14,1-12,7 Liter Superplus; (CO2-Ausstoß: 322-291 g/km)
Preis: ab 119 700 Euro
Und das vielleicht Wichtigste: Auch 2019 gibt es die 24 Stunden von Le Mans wieder, vom 15. auf den 16. Juni (lemans.org). Und wer es nicht abwarten kann, besucht vom 29. auf den 30. September die 24 Heures Camions, bei denen Lkw um den Kurs jagen.